Rechts-vor-links: (nicht) alles klar!
An nicht schildergeregelten kreuzungen und Einmündungen gleichrangiger Straßen gilt bekanntlich der allgemeine Vorfahrtsgrundsatz „rechts vor links“. Derjenige, der von rechts kommt, hat grundsätzlich die Vorfahrt. Die Regel gilt nicht für von rechts einmündende bzw. kreuzende Feld- oder Waldwege. Auch derjenige, der etwa aus einem verkehrsberuhigten Bereich oder über einen abgesenkten Bordstein in eine Straße einfährt, kann die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ nicht in Anspruch nehmen.
Selbst bei Geltung der „rechts vor links“-Regelung ist allerdings zu beachten, dass derjenige, der von rechts kommt, also vorfahrtsberechtigt ist, in aller Regel seinerseits die Vorfahrt von für ihn von rechts kommenden Fahrzeugen zu beachten hat. Es wird also von ihm als Vorfahrtsberechtigten gefordert, dass er so langsam an den Kreuzungsbereich heranfahren muss, dass er jederzeit einem für ihn von rechts kommenden Fahrzeug die Vorfahrt gewähren kann (sogenannte „halbe Vorfahrt“).
Auf dieses von der Rechtsprechung geforderte Fahrverhalten des Vorfahrtsberechtigten darf sich auch der von links kommende, also nicht Vorfahrtsberechtigte, in gewisser Weise verlassen. Fährt also der Vorfahrtsberechtigte nicht mit geringer Geschwindigkeit an den Kreuzungsbereich heran, so trifft ihn im Falle einer Kollision mit einem von links kommenden Fahrzeug eine Mithaftung von in der Regel 25 % (BGH VersR 1977, 917).
Lediglich für den Fall, dass von rechts keine Fahrzeuge kommen können (Einbahnstraße) oder der Vorfahrtsberechtigte nach rechts viel frühere freie Sicht auf von dort kommende Fahrzeuge hat, gilt die Regel nicht (BGH VersR 1985, 784).
Der allgemeine Vorfahrtsgrundsatz „rechts vor links“ fordert also vom Vorfahrtsberechtigten große Aufmerksamkeit und Vorsicht, da er ansonsten für die Unfallfolgen mithaftet.