Dashcams – wir sind doch nicht in Russland

In Russland ist fast jedes Fahrzeug mit einer soge­nann­ten „Dashcam“ oder „on board-camera“ aus­ge­stat­tet, die das Ver­kehrs­ge­sche­hen vor dem Fahrzeug ständig auf­zeich­net. Dies ins­be­son­de­re, um das Video im Falle eines Unfalles zum Beweis des Herganges und zur eigenen Ent­las­tung vor Gericht verwenden zu können. Auch in Deutsch­land gibt es immer mehr tech­nik­be­geis­ter­te Auto­fah­rer, die ihre Fahrzeuge mit den Mini­ka­me­ras aus­stat­ten, um alter­na­tiv ihre eigene Beweis­si­tua­ti­on im Falle eines Unfalls zu ver­bes­sern oder schlimms­ten­falls auch, um andere Ver­kehrs­teil­neh­mer im Falle eines Fehl­ver­hal­tens unter Vorlage der Auf­zeich­nung zur Anzeige zu bringen.

Die Frage, ob der­glei­chen zulässig ist, wird bislang kon­tro­vers beurteilt:

Das Baye­ri­sche Landesamt für Daten­schutz wertete das ständige Mitfilmen der Ver­kehrs­si­tua­ti­on als „unzu­läs­si­ge Vor­rats­da­ten­spei­che­rung“ und unter­sag­te einem Auto­fah­rer den Einsatz der Kamera. Dieser hatte die Verstöße anderer Ver­kehrs­teil­neh­mer gefilmt und sie bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Der Betrof­fe­ne klagte gegen dieses Verbot. Das zur Ent­schei­dung berufene Ver­wal­tungs­ge­richt Ansbach teilte die daten­schutz­recht­li­chen Bedenken des Lan­des­am­tes. Auto­fah­rer, die Videos zu dem Zweck auf­zeich­nen, sie später ins Internet zu bringen oder der Polizei zur Verfügung zu stellen, verstoßen gegen das Daten­schutz­ge­setz. Grund­sätz­lich über­wie­gen die Daten­schutz-inter­es­sen der gefilmten Ver­kehrs­teil­neh­mer, die überhaupt nichts von dieser Art der Über­wa­chung wüssten, das Interesse des filmenden Auto­fah­rers an einem Videobeweis.

Das Amts­ge­richt München hat aktuell eine Dashcam-Aufnahme in einem Zivil­pro­zess als Beweis­mit­tel abgelehnt. Begrün­dung auch hier, dass die per­ma­nen­te Über­wa­chung des Verkehrs ohne triftigen Grund gegen das Daten­schutz­ge­setz und das Kunst­ur­he­ber­recht verstoße. Das heimliche Mitfilmen der Ver­kehrs­vor­gän­ge verletze das indi­vi­du­el­le Recht des Gefilmten auf seine infor­ma­tio­nel­le Selbstbestimmung.

Die Rechts­la­ge bleibt aller­dings nach wie vor unklar, da in Ein­zel­fäl­len durchaus eine Ver­wer­tung der­ar­ti­ger Beweis­mit­tel zuge­las­sen wurde, selbst­ver­ständ­lich nach einer Abwägung unter Berück­sich­ti­gung der daten­schutz­recht­li­chen Bedenken. Gege­be­nen­falls ist hier der Gesetz­ge­ber zu einer Ergänzung des Daten­schutz­ge­set­zes aufgerufen.

Inter­es­sant übrigens: Begeht der Filmende selbst Ver­kehrs­ver­stö­ße, die er mit seiner Kamera doku­men­tiert hat, so kann die Polizei die Aufnahme beschlag­nah­men und das Material gegen den „Kame­ra­mann“ verwenden.